Probleme mit der Müllentsorgung
gibt es auf Korfu schon immer, zumindest seit ich seit Ende der 90er
Jahre mehr oder weniger regelmäßig auf der Insel gelebt habe. Früher waren diese
Probleme noch relativ klein und nur an wenigen Tagen im Jahr wirklich
spürbar, so zum Beispiel beim Streik von der Müllabfuhr oder der
Mitarbeiter der Mülldeponie.
In den letzten Jahren hat sich diese Problematik jedoch drastisch
verschärft und die Gründe sind heute andere. Das Grundproblem Nr. 1 ist
die Tatsache, dass Korfu nur über eine einzige offizielle Mülldeponie
verfügt. Diese befindet sich bei der Ortschaft Temploni, in der Mitte
der Insel, nur wenige Kilometer von
der Inselhauptstadt entfernt. Die Kapazität dieser Mülldeponie reicht jedoch schon
lange nicht mehr aus, was in den vergangenen Jahren immer häufiger zu
verständlichen Protesten der Bewohner der Ortschaft Temploni geführt
hat. Durch das beständige "Anwachsen" der Deponie, rückte diese mehr und
mehr auf die Ortschaft zu, was die Bewohner natürlich nicht
besonders lustig finden. Geruchsbelästigungen sind da noch die kleineren
Übel. Gesundheitliche Gefahren können nicht ausgeschlossen werden, bzw.
sind höchst wahrscheinlich anzunehmen, da nicht nur der "normale Hausmüll" dort eingelagert wurde, sondern auch "Sonderabfälle" aller Art. Und wenn jemand von dort
wegziehen möchte und seine Immoblie verkaufen will, findet er 100%ig
keinen Käufer. So sitzen die Anwohner von Temploni quasi in einer
"Müll-Falle". Den Bewohnern von Temploni wurde immer wieder versprochen, dass eine Lösung dieses Problems gefunden wird. Da es sich aber immer nur um leere Versprechungen von Politikern gehandelt hat, welche ihren Versprechungen nach einer Wahl dann keinerlei Taten folgen ließen, wurde die Deponie immer wieder von den Anwohnern "blockiert", so auch dieses Jahr!
Es wurde vor vielen Jahren geplant eine 2. Mülldeponie zu bauen.
Diese sollte zwischen Lefkimi und Kavos, also ganz im Süden der Insel,
enstehen.
Die Verfahren zur Errichtung dieser Deponie wurden bereits 1995 eingeleitet.
Anfang Juni 2008 kam es zu extremen Protesten der Anwohner, die in einem
riesigen Polizeieinsatz mündeten. Bei einem dieser Polizeieinsätze kam
es sogar zu einem Todesfall.
Wie man öffentlich zugänglichen EU-Dokumenten entnehmen kann, wurde die
Bebauung des geplanten Deponiegeländes in Temploni durch den
Kohäsionsfonds 2000 – 2006 in einer Gesamthöhe von 3.000.000 EUR
kofinanziert. Trotz dieser enormen "Geldspritze" wurde die Deponie im Süden
der Insel nie in Betrieb genommen.
Seit Dezember 2015 läuft zudem ein Verfahren gegen Griechenland vor dem Europäischen Gerichtshof, da das Land seit 2007 massiv gegen bestehende EU-Vorschriften in Sachen Abfällen und Deponien verstoßen hat.
Wir sind nun seit Ende April 2016 auf der Insel und haben vom ersten Tag
an das Anwachsen der Müllberge auf Korfu verfolgen können, da die Deponie in Temploni wieder von den Anwohnern "blockiert" wurde, so dass die Müllautos dort nicht einfahren können. Bis vor ca. 1
Woche hat sich das hingezogen, sprich bis zum Beginn der Hauptsaison.
Egal wo man sich auf der Insel befindet, war man mit Müllbergen
konfrontiert. Die Inselhauptstadt stank "zum Himmel", bis in den letzten
Inselwinkel gehörten riesige Müllhaufen zum Inselalltag. Die
Urlaubsorte wussten gar nicht mehr wohin mit den Abfällen. Ein
Umweltskandal erster Güte bahnte sich an.
Seit wenigen Tagen hat sich das Geschehen gewendet. Es gibt angeblich eine
2-monatige Frist für die Deponie Temploni, weiteren Müll anzunehmen.
Dies ist wohl u.a. dem Druck von internationalen Reiseveranstaltern
geschuldet, die wohl damit gedroht haben, Korfu von Ihren
"Destination-Lists" zu streichen. Das heißt nichts anderes, dass es nur
um die Hauptsaison Juli und August geht. Es wird also ein wenig
"Müll-Kosmetik" betrieben. Das Grundproblem ist danach dasselbe, eine
Lösung ist nicht in Sicht.
Eine gestern durchgeführte Insel-Tour bestätigt meine Befürchtungen: Es
wird noch mehr als 2 Monate dauern, die jetzigen Müllberge überall
abzutransportieren. Egal wo ich war, ich bin vom Nordwesten bis runter
in den Süden auf Höhe von Agios Georgios / Argirades gefahren, die
Westküste runter, die Ostküste rauf (vorallem am jeweiligen Ortsrand der Ortschaften Moraitika und Messonghi war es besonders schlimm), die Müllhäufen sind riesig und
stinken vor sich hin.
Korfu, die Müllinsel im Ionischen Meer. Das könnte spätestens nächstes
Jahr eine Überschrift über einem Artikel einer Zeitung oder einem
Kommentar im Internet sein. Kommunalpolitische Lösungen sind absolut
nicht in Sicht und die Korfioten selbst sind mehr als träge, für sich
selbst im Kleinen wirkungsvolle Lösungsansätze zu
finden und zu praktizieren. Müllvermeidung wäre ein sinnvoller erster Schritt und wird auch mehr und mehr diskutiert und sogar praktiziert. Aber solange noch die Mehrheit ihre Einkäufe in zig-Plastiktüten packt und Glas, Plastik, Metalldosen, Papier und Pappe in den normalen Hausmüll wandert (ich habe schon beobachtet, wie ein ganz Schlauer seine Gartenabfälle in die normale Mülltonne gepackt hat), wird das Thema Mülltrennung nicht wirklich ernst genommen und kann sich deshalb nicht durchsetzen. Farblich unterschiedliche Mülltonnen zum Trennen stehen schon seit einigen Jahren bereit, nur man muss sie halt auch entsprechend nutzen. Wobei die eigentliche Mülltrennung ja auch nur der erste Schritt sein kann, die getrennten Müllfraktionen müssen danach sinnvoll weiter verarbeitet werden.
Kleine Anfänge gibt es, so z.B. bietet der Gemüsehändler in Kavvadades Papiertüten für die Gemüseeinkäufe an. Es gibt auch Sammelstellen für bestimmte Kunststoffe und Materialien aus Metall. Aber es wird noch ein langer Weg und ich denke, ohne entsprechenden Druck (Pfandsysteme, Plastiktüten müssten bezahlt werden, ect.) wird sich nur sehr langsam eine Änderung einstellen.
Wie sagte ein kluger Korfiote vor einigen Tagen zu mir: " Hoffentlich
setzen die großen Reiseveranstalter ihre Drohnungen in die Tat um und
der Tourismus stürzt 1 oder 2 Jahre in die Tiefe....Vielleicht wachen
dann meine Landsleute auf und machen das Richtige!!"
Dem ist nichts hinzuzufügen!!